Eine Pressemitteilung der Universitätsstadt Marburg
„Marburg ist zwar nicht New York, aber wir haben sowohl internationale Spitzenforschung als auch einen der größten Pharmastandorte in ganz Deutschland in unserer Stadt“, sagt Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies. „Daraus ergibt sich ein großes Entwicklungspotenzial.“ Diese Stärken müssen aber im nationalen und internationalen Wettbewerb der Wirtschafts- und Wissenschaftsstandorte besser sichtbar gemacht werden. Darin ist sich das Stadtoberhaupt mit den Spitzen von Universität und Behring-Unternehmen einig. Schließlich soll Marburg auch in Zukunft im Wettbewerb um Studierende, Forschende und Fachkräfte bestehen.
Marburg – ein Standort für Wissenschaft und Wirtschaft
Da hilft es, dass die Wege in der laut Spies „kleinsten Metropole der Welt“ so kurz sind wie die Drähte zwischen den Entscheidungsträger*innen. Diesen Standort-Vorteil wollen Stadt, Universität und Unternehmen besser nutzen: Unter dem Slogan „Brückenbildung“ sind seit 2023 bereits mehrere Kooperationen für „Fachkräfte/Aus- und Weiterbildung“ sowie „Forschung und Entwicklung“ entstanden. Das Ziel: Marburg als leistungsfähigen Forschungs- und Produktionsstandort zu stärken. Gleichzeitig sollen die Qualitäten von Marburgs Wissenschaft und Wirtschaft sichtbarer werden – in Stadt und Region ebenso wie national und international. Und drittens arbeiten alle drei Kooperationspartner daran, Marburg im internationalen Kontext zu einer der ersten Adressen für Existenzgründungen und Start-Ups aus der Biotech-, Pharma- und Life-Science-Branche zu machen.
Neuer Master-Studiengang, neue schulische Ausbildung für Pharmakant*innen
Der Behring-Standort dient in erster Linie der Produktion: GSK, Siemens, CSL und natürlich BioNTech stellen dort Impfstoffe, Diagnostikgeräte, Plasmatherapien und andere Produkte für die globalen Märkte her. Geforscht wird aber vor allem an anderen Standorten der internationalen Konzerne. Lediglich CSL hat für die eigene Forschung unter dem Dach der CSL Innovation rund 500 Beschäftigte im neuen R&D-Gebäude in Görzhausen zusammengezogen. Gleichzeitig fehlte es an der Philipps-Universität Marburg an ingenieurs- oder verfahrenstechnischen Studiengängen mit biotechnologischem Schwerpunkt. Gäbe es diese, würden die Absolvent*innen optimal für die Arbeit am Behring-Standort ausgebildet.
Bereits seit Jahren bietet die Stadt Marburg den Rahmen für eine bessere Vernetzung zwischen Stadt, Universität und Standort. Diese wurde zuletzt noch einmal intensiviert und tragen zunehmend Früchte: Insbesondere gemeinsame Entwicklungen in Ausbildung und Studium, aber auch den Transfer von Innovation und wissenschaftlichen Ideen in konkrete Produkte gehen alle Partner jetzt gemeinsam an.
Ein großer Schritt war die Akkreditierung des neuen Master-Studiengangs „Molekulare Biotechnologie“ an der Philipps-Universität 2023. „Der Studiengang bietet viele Möglichkeiten zur praxisnahen Forschung, einschließlich Kooperationen mit Industriepartnern und Praktika bei führenden Biotech-Unternehmen“, erklärt Universitätspräsident Prof. Dr. Thomas Nauss. „Damit bieten wir eine Ausbildung für Studierende mit der Perspektive an, später auch passende Arbeitsplätze am Standort Marburg zu finden.“ Die Lücke zwischen dem Lehrangebot der Universität und den nachgefragten Kompetenzen am Standort will die Universität weiter schließen und die gemeinsame Forschung weiter ausbauen. Aktuelles Beispiel dafür ist die Lungenforschung, in der Uni und einige Unternehmen bereits gemeinsam an Wirkstoffen zur besseren Behandlung von COPD (chronisch-obstruktiven Lungenkrankheit) arbeiten. Seit Dezember 2023 gibt es den zweiten Forschungsstrang zu RNA-Molekülen bei fehlgeleiteten Immunkreisläufen.
Ein weiterer Schlüsselmoment ist auch die Einführung der schulischen Ausbildung für Pharmakant*innen an der Adolf-Reichwein-Schule zum neuen Schuljahr im August. Die Verlegung des Schulstandorts von Frankfurt nach Marburg ist ein echter Gewinn – für die Auszubildenden und Studierenden aus der Region ebenso wie für die Unternehmen am Pharmastandort. Solche gemeinsamen Erfolge seien besonders wichtig, um Nachwuchskräfte aus der Region zu gewinnen und zu fördern.
Innovation, Gründung, Start-Up und Spin-Off
An einem Strang ziehen, die Stadt voranbringen und den Standort gemeinsam vermarkten – dafür traten Spies, Nauss und Egger Anfang Oktober zum ersten Mal gemeinsam bei der internationalen Immobilien- und Standortmesse Expo Real in München auf. Unter dem Titel „Marburg – ein heimlicher Wirtschafts- und Wissenschaftsgigant“ stellten sie dort gemeinsame Aktivitäten vor, die die Infrastruktur für Gründungen verbessern und den Fachkräftebedarf in Marburg langfristig sichern sollen. Dazu gehören die gemeinsame Förderung von Innovation, der „Creativity and Social Innovation Hub Marburg“ (CIM) und der „Innovation Hub“ am Pharmastandort. Gerade beim „Innovation-Hub“ ziehen Stadt, Standort und Universität an einem Strang. Bereits seit dem vergangenen Jahr wird gemeinsam an einem Konzept gearbeitet, um Gründungsideen in Marburg weiterzuentwickeln und langfristig in Unternehmen zu überführen. Für Innovationen im Bereich LifeScience fehlt es insbesondere an Laborkapazitäten. Am Behring-Standort wird nun gegengesteuert.
So plant Pharmaserv aktuell eine völlige Umgestaltung des Berghof-Geländes in der Marbach. Auf dem Gelände wird nach dem Rückbau mehrerer Gebäude als Herzstück ein Innovation Hub mit rund 11.500 Quadratmetern entstehen, in dem Start-Ups sowie Unternehmen aus der Biotech- und LifeScience-Branche flexibel Laborflächen anmieten können. Geplant sind neben Exklusiveinheiten mit bis zu 908 Quadratmetern auch flexibel buchbare Labore ab 74 Quadratmetern. „Wir wollen das Areal zukunftsorientiert weiterentwickeln und Raum für Innovationen schaffen“, so Dr. Martin Egger, Geschäftsführer der Infrareal Holding und Pharmaserv.
Zudem sind im neuen R&D-Gebäude bei CSL Innovation in Görzhausen bereits rund 800 Quadratmeter reserviert: „Damit wollen wir jungen Gründerteams die Möglichkeit bieten, ihre Produktideen weiterzuentwickeln. Indem wir Räumlichkeiten und Unterstützungsstrukturen bereitstellen, stärken wir die Gründungsszene und somit innovative Ideen“, sagt Dr. Lars Grönke, Geschäftsführer von CSL Innovation.
Das Ganze muss dann mit Leben gefüllt werden, mit Ausstattung und Strukturen. Die Stadt Marburg beteiligt sich daran, diese Strukturen zu verwirklichen. „Im Haushalt sind Mittel für den Entwicklungsprozess und langfristig für Ausstattung vorgesehen“, so OB Spies. Spies glaubt, diese Form der Wirtschaftsförderung werde sich auch für die Stadt lohnen. „Behring war auch mal ein kleines Start-Up, und heute finanzieren die Steuern vom Standort einen großen Teil der städtischen Einkünfte“, so Spies. Jetzt gelte es, gemeinsam optimale Rahmenbedingungen zu schaffen, damit sich solche Geschichten wiederholen können – für Arbeitsplätze, für Impfstoffe und neue Therapien. Und zwar in Marburg.
„Marburg wird durch all diese Kooperationserfolge deutlich an Attraktivität und Strahlkraft gewinnen“, sind sich Thomas Spies, Thomas Nauss und Martin Egger sicher. Unterstützen soll dabei zusätzlich eine Gesamtvermarktungsstrategie für den Standort Marburg. Die Arbeit daran beginnt noch in diesem Jahr.
" Indem wir Räumlichkeiten und Unterstützungsstrukturen bereitstellen, stärken wir die Gründungsszene und somit innovative Ideen. "
Dr. Lars Grönke, Geschäftsführer CSL Innovation