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Toolbox für eine gelebte Demokratie

Demokratie erfahrbar und attraktiv machen war das Motto der Dialogveranstaltung Political x Change

Story
Titelbild Toolbox Demokratie
"Man muss für Demokratie aktiv eintreten und immer wieder werben - und durch praktische Politik bestimmte Gemeinschaftswerte leben: Freiheitsrechte sichern, Solidarität geben und fordern, sozialen Ausgleich schaffen“, so Marburgs Bürgermeisterin Nadine Bernshausen (links)

Kurz vor der Europawahl wendete sich die Dialogveranstaltung an Erstwähler:innen, ohne eine Wahlkampfveranstaltung zu sein. Vielmehr ging es darum auszuprobieren, wie gut man über dieses Format mit jungen Menschen zum Thema Demokratie ins Gespräch kommen kann. Neben Jugendlichen 16+ waren auch Politiker:innen zu diesem Format eingeladen, das aus dem von CSL Innovation unterstützten Cross-Mentoring-Programm hervorgegangen ist. Das Cross-Mentoring-Programm wiederum ist Teil der Initiative "Innovation EcoSystem Marburg & Beyond“, die sich gemeinsam mit vielfältigen Partnern aus der Region für ein florierendes Innovations-Ökosystem in Marburg und Umgebung einsetzt. Wichtig dabei: Sektoren aufbrechen, um Menschen zusammenzubringen, die sich im täglichen Leben oder auf Social Media nicht begegnen.

„Seit November letzten Jahres bauen wir ein Innovations-Ökosystem auf, um die Lebensqualität in Marburg und Mittelhessen weiter zu steigern, mit besonderem Fokus auf die Ziele für nachhaltige Entwicklung“, sagte Yukiko Elisabeth Kobayashi. Die Psychologin und Unternehmensberaterin ist spezialisiert auf die Bildung innovativer Ökosysteme und begleitet in Zusammenarbeit mit CSL Innovation, der Forschungs- und Entwicklungsabteilung von CSL in Marburg, das gesamte Programm und moderierte auch den Nachmittag. „Wir glauben daran, dass wir durch die Zusammenarbeit mit Bürger:innen und verschiedenen Akteuren aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Kultur innovative Lösungen entwickeln können, die unsere Region noch lebenswerter machen.“

„Ein offener, wertschätzender Austausch und gelebte Diversität sind mit die wichtigsten Katalysatoren für Innovation ganz allgemein und nicht zuletzt auch für wissenschaftlichen Fortschritt“, ist Dr. Lars Groenke, Geschäftsführer von CSL Innovation, überzeugt. Inzwischen sind aus dem Cross-Mentoring-Programm in Marburg drei Arbeitsprogramme entstanden: Fostering Democracy/Political X Change, Affect Change (Listening Cube) und der Talent Harbor Mittelhessen, ein Programm, das junge Talente mit unterschiedlichen Hintergründen und Mentor:innen aus Forschung, Wirtschaft, Lehre und Kultur zusammenbringt.

Der „Listening Cube” wurde im Zuge des Arbeitsprogramms „Affect Change“ entwickelt. Das Projekt, das ebenfalls erstmals am 7. Juni 2024 in Marburg getestet wurde, zielt darauf ab, Empathie und gegenseitiges Verständnis in der Gesellschaft zu fördern. Dabei kommen zwei Personen in einem mobilen, würfelförmigen Raum zusammen, um in einem geschützten Rahmen offen miteinander zu sprechen.

How to – Demokratie leben

Der hessische Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) wandte sich mit einer Videobotschaft an die Teilnehmer:innen. Neben den Schüler:innen waren auch die Marburger Bürgermeisterin Nadine Bernshausen (Grüne) und Angela Dorn-Rancke (Grüne), Vizepräsidentin des Hessischen Landtags, anwesend. Auch Politiker:innen von Volt und AfD folgten der Einladung zur Veranstaltung.    

„Demokratie ist niemals selbstverständlich. Wir brauchen sie, um in Frieden und Freiheit leben zu können. Und die Demokratie braucht uns, um stark und lebendig zu bleiben“, so Boris Rhein in einer Videobotschaft. „Mir ist wichtig, dass schon junge Menschen erleben, jede und jeder Einzelne kann einen Unterschied machen und etwas bewegen. Die Demokratie funktioniert und sie arbeitet für dich.“ Demokratie lebe vom Austausch, es gehe darum einander zuzuhören und im Gespräch zu bleiben, auch und gerade, wenn man unterschiedlicher Meinung sei.  

Pilotprojekt für sektorenübergreifende Zusammenarbeit

Kobayashi betonte, dass die Veranstaltung als eine Art Labor anzusehen sei, um neue Ideen auszuprobieren und Wege der Zusammenarbeit zu erkunden. Sollte sich das Format bewähren, würde es auch auf andere Orte in der Region übertragen werden und an anderen Orten der Region stattfinden.

Nach einer Einführung zur Vision eines Innovation Ecosystem in Marburg und der Region folgte ein Podiumsgespräch mit Leon Pelikan, dem Entwickler einer kostenlosen Demokratie-App für Jugendliche und Nadine Bernshausen, der Bürgermeisterin von Marburg.  

„Wir sind kurz vor der Europawahl und ich beobachte punktuell Europamüdigkeit, Desinteresse und auch Ablehnung. Manchen mangelt es an der Überzeugung, dass die Europäische Union für alle, die beigetreten sind, ein Friedensgarant ist. In Zweifel gezogen wird auch, dass Europa wirtschaftlich für alle vorteilhaft ist und Wohlstand bringt oder zumindest den Status quo erhält. Und ich frage mich: ‚Warum diese Zweifel?‘ Es ist eben nichts selbstverständlich. Man muss für Demokratie aktiv eintreten und immer wieder werben und durch praktische Politik bestimmte Gemeinschaftswerte leben: Freiheitsrechte sichern, Solidarität geben und fordern, sozialen Ausgleich schaffen“, sagte Nadine Bernshausen. 

Die von Leon Pelikan und seinen Freunden entwickelte App Political X Change ermöglicht über Chatforen den direkten Austausch mit Politikern, etwa zu Themen wie Bildung und hat es ins Bundesfinale des Wettbewerbs „JUGEND GRÜNDET“ geschafft.

„Man merkt schon, dass Jugendliche teilweise politikverdrossen sind“, so Leon Pelikan. „Und da wollen wir mit unserer App ansetzen, denn Jugendliche sollten bereits früh lernen, wie funktioniert Demokratie oder wie kann ich mich beteiligen. Vielfach fehlt es an Kompetenzen, da das erst ab der 11./12. Klasse gelehrt wird. Damit muss man schon viel früher beginnen. Gerade auch, weil es echt eine Herausforderung ist, dass Social Media durch die Algorithmen, die politische Meinung und die politische Landschaft sehr verzerrt darstellen und die Meinung von Jugendlichen beeinflussen.“ 

Lars Groenke und Yuki Kobayashi am Fostering Democracy Anlass
„Wir glauben daran, dass wir durch die Zusammenarbeit mit Bürger:innen und verschiedenen Akteuren aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Kultur innovative Lösungen entwickeln können, die unsere Region noch lebenswerter machen“, sagte Yukiko Elisabeth Kobayashi (2.v.r.). Die Psychologin und Unternehmensberaterin ist spezialisiert auf die Bildung innovativer Ökosysteme

" Ein offener, wertschätzender Austausch und gelebte Diversität sind mit die wichtigsten Katalysatoren für Innovation ganz allgemein und nicht zuletzt auch für wissenschaftlichen Fortschritt "

Dr. Lars Groenke, Geschäftsführer CSL Innovation
Schuelergruppe am Fostering Democracy Anlass
Neben Jugendlichen 16+ waren auch Politiker:innen zu diesem Format eingeladen, das aus dem von CSL Innovation unterstützten Cross-Mentoring-Programm hervorgegangen ist

Engagieren und zuhören

In kleinen Arbeitsgruppen waren die Jugendlichen zudem aufgefordert, unterstützt von den Politiker:innen, konkrete Ideen zu entwickeln, wie sie Veränderungen herbeiführen können, zum Beispiel in den Bereichen Mobilität, Ernährung oder Klima.

„Jeder meckert gerne. Das Wichtige ist, aus diesem Meckern heraus auch mit anzupacken“, so ein Schüler bei der abschließenden Feedback-Runde. „Es muss nicht in einer Partei sein, es gibt verschiedene Organisationen, bei denen ihr euch engagieren könnt. Stellt euch die Frage, wo ihr etwas ändern könnt, damit ihr vielleicht gar nicht mehr meckern müsst.“